Hochbegabung- Annährung an ein komplexes Phänomen
Was ist Hochbegabung?
Der Ausdruck “ Hochbegabung“ weckt schillernde Assoziationen und rückt verschiedene diesbezügliche Ansichten in den Fokus. Während der Begriff “ Hochbegabung“ für die einen primär mit dem Vorurteil verbunden ist hochbegabte Kinder würden sich durch auffallend gute Leistungen im Kindergarten und der Schule auszeichnen, sehen andere Hochbegabung als vermeintliche Ursache für kindliche Verhaltensauffälligkeiten.
Tatsächlich sind beide Thesen als objektiv haltlos einzustufen, da hochbegabte Kinder sich nicht in stereotypen Muster einordnen lassen. Demnach gibt es keine klassische bzw. einheitliche Persönlichkeitsstruktur, die hochbegabte Kinder erkennen lassen.
Hochbegabte Kinder können deshalb entweder durch außergewöhnliche Leistungen und eine hohe Sozialkompetenz brillieren oder komplett konträres Verhalten an den Tag legen.
Grundsätzlich ist der Begriff “ Hochbegabung“ mit einer sehr hohen allumfassenden Intelligenz sowie der Fähigkeit zum problemorientierten bzw. lösungsbasierten Denken verknüpft. Oftmals verfügen hochbegabte Kinder zusätzlich über herausragend spezifische kognitive Schwerpunkte.
Beispiele hierfür sind Ausnahmetalente bzw. außergewöhnliche Fähigkeiten in den Bereichen Mathematik oder Sprache. Herausragende Begabungen existieren in unterschiedlichen Gebieten.
Neben musisch- künstlerischer -, sportlicher- und kognitiver Hochbegabung gibt es hervorstechende Begabungen im sozialen Bereich. Hochbegabte Kinder sind ihren Altersgenossen auf musischen, sportlichen, sozialen oder intellektuellen Gebieten weit voraus.
Hochbegabung liegt als natürliches Potential vor
Eine herausragende Begabung ist in erster Linie als Potential zu verstehen. Damit dieses vollumfänglich abgerufen werden kann, ist eine adäquate Förderung durch Eltern, Erzieher und Lehrer erforderlich.
Ergänzend ist eine motivationsfördernde Erziehung hierfür essentiell. Werden die Kinder in einer anregenden Umgebung mit ausreichend Förderung zu einer geringen Ängstlichkeit erzogen, begünstigt dies das produktive Abrufen der jeweiligen Hochbegabung. Häufig spielt der Zufall eine wichtige Rolle, die über die Nutzung des verfügbaren Potentials entscheidet.
Begegnen hochbegabte Kinder Personen, die ihre überragenden individuellen Ressourcen erkennen, erhalten sie eine frühzeitige Förderung, die das ganzheitliche Potential offenlegt. Wird die außergewöhnliche kindliche Begabung nicht registriert und angemessen gefördert, reagieren Kinder darauf häufig indem sie ihre herausragenden Fähigkeiten vor Dritten und ihrer Umwelt verbergen. Erhalten Kinder durch ihre Umwelt den Eindruck ihr vermeintlich ungewöhnliches Verhalten sei “ falsch“ und unangemessen, manifestiert sich langfristig ein Angstgefühl.
In der Folge fühlen sich Betroffene unverstanden und unzureichend wertgeschätzt. Zusätzlich verspüren sie mutmaßlich sozialen Druck von Eltern, engen Bezugspersonen, Lehrern oder Erziehern. Die ausbleibende Bestätigung und Anerkennung führt zu der Herausbildung eines geringen Selbstbewusstseins. Das Potential liegt somit brach und wird nicht abgerufen.
Sowohl für Eltern als auch für Lehrer und Erzieher ist umfassendes Fachwissen zum Themenfeld “ Hochbegabung“ notwendig, um herausragende Begabungen nachhaltig zu fördern. Die Bereitschaft die Hochbegabung des Kindes zu akzeptieren ist ebenso elementar. Das Kind darf niemals das Gefühl vermittelt bekommen, dass sein subjektiv ungewöhnliches Verhalten merkwürdig sei.
Ob eine Hochbegabung vorliegt, kann von Eltern, Psychologen, Kinderärzten, Eltern und Erziehern herausgefunden werden. Intelligenztests stellen in diesem Kontext den Versuch dar die jeweilige Begabung zu messen und objektiv einordnen zu können. Außerdem geben verschiedene Indikatoren maßgebliche Hinweise auf etwaige Hochbegabungen. Laut Aussagen des “ Bundesministeriums für Bildung und Forschung“ sind zu diesem Zweck drei spezielle Faktoren zu unterscheiden.
Spezifische Indizien für Hochbegabung erkennen – Anzeichen
Die nachweisbar sichersten Hinweise für eine auffallende Begabung ergeben sich aus Fähigkeiten der Gebiete Lernen und Denken. Eignet sich das Kind schnell dauerhaftes Wissen an, und erkennt zielgerichtet auf welche speziellen Problemstellungen dieses anwendbar ist, ist dies als möglicher Indikator für eine Hochbegabung zu klassifizieren.
Komplexe Sachverhalte erschließen diese Kinder in der Regel bereits im Vorschulalter und überführen diese in unterschiedlichste Zusammenhänge. Häufig kennzeichnen die außergewöhnlich talentierten Kinder eine ausgeprägte Merkfähigkeit sowie ein auffälliges Detailwissen.
Ihr Wissensdurst konzentriert sich nicht ausschließlich auf “ Kinderthemen“, sondern umfasst zudem erwachsene Themenfelder. Im Grundschulalter entwickeln sie sich aufgrund der facettenreichen Wissbegier zu kompetenten Experten in speziellen Fachgebieten.
Die kleinen “ Fachleute“ zeichnet ein hohes Mitteilungsbedürfnis aus über das sie ihr Fachwissen vermitteln wollen. Diese Tatsache erweist sich vorwiegend im Schulalltag als Problem. Hochbegabte Kinder reflektieren die Sinnhaftigkeit sozialer Regeln und hinterfragen bzw. prüfen Meinungen von Autoritäten kritisch und sachlich.
Aus diesen Eigenschaften erwächst die Fähigkeit überraschende, innovative und originelle Ideen und Lösungen für verschiedenste Probleme äußern zu können. Charakteristisch für auffällig Begabte ist zudem ihr fortwährendes Streben nach Perfektionismus.
Werden die Kinder ihren eigenen Erwartungen nicht gerecht, reagieren sie häufig mit Entmutigung. Insbesondere unmittelbar nach der Einschulung wird dieses Verhalten erkennbar. Sie sind bereits in einem geringen Lebensalter fähig eigene Handlungen und Leistungen kritisch zu analysieren. Ebenso kritisch betrachten sie das Verhalten Dritter. Außerdem bevorzugen sie selbstständiges und unabhängiges Arbeiten.
Sie übernehmen gerne frühzeitig Verantwortung und transportieren häufig einen ausgeprägten Individualismus. Sie suchen sich überwiegend ältere Freunde, da gleichaltrige Kinder von den komplexen Denkweisen der Hochbegabten in der Regel überfordert sind.
Ergebnisbericht bei Intelligenztest anfordern
Die angeführten Merkmale sind lediglich als Hinweise einzuordnen, weil “ normal“ talentierte Kinder ebenfalls mit einigen der Charakteristika ausgestattet sind. Deshalb müssen die einzelnen Hinweise in der Zusammenschau relativiert und objektiv bewertet werden. Selbst Lehrkräfte lassen eine relative geringe Trefferquote von weniger als 40 % erkennen, wenn es darum geht vermeintlich Hochbegabte anhand ihrer Leistungen zu erkennen.
Analog übersehen die Lehrkörper rund 50 % der tatsächlich außergewöhnlich Talentierten. Dies belegt, dass die herausragenden Fähigkeiten nicht alleine zuverlässig durch differenzierte Beobachtungen zu identifizieren sind.
Zu diesem Zweck ist eine umfassende psychologische Diagnostik notwendig. Erzielt das Kind im Zuge eines Intelligenztestes, der von einem Psychologen durchgeführt wird, einen Wert von über 130 löst dies die Annahme für eine Hochbegabung aus.
Liegt der Quotient in einer Spanne zwischen 115 und 130, gilt dies als Indikator für eine überdurchschnittliche Begabung. Ein Intelligenztest ist mit einem Ungenauigkeitswert verbunden, da Kinder sich aus verschiedenen Gründen bei dem Test zurücknehmen können. Ein Testergebnis kann deshalb eventuell den tatsächlichen Intelligenzquotienten nicht erfassen.
Erfahrene Psychologen binden daher zusätzlich Eindrücke aus den Vorgesprächen mit Eltern und Kind ein. Ferner fließt das individuelle Verhalten des Kindes im Rahmen des Tests in die tragfähige Diagnose ein.
Experten empfehlen Eltern einen Ergebnisbericht des Intelligenztests anzufordern, der das detaillierte Profil der vermeintlichen Begabung bzw. den Bereich abbildet. Insbesondere in Verbindung mit Schulproblemen liefert das dokumentierte Fähigkeitsprofil elementare Hinweise wie das Kind zukünftig zu fördern ist. Jeder Hochbegabte verfügt über ein einzigartiges Persönlichkeits- und Fähigkeitsprofil.
Wie verläuft die Entwicklung hochbegabter Kinder?
Ist eine Diskrepanz zwischen Bedürfnislage und dem schulischen Angebot offensichtlich, äußert sich dies häufig durch einen Leistungsabfall und Motivationsverlust. Diese Entwicklung wird als “ Underachievement“ bezeichnet. Lediglich 15 % der hochbegabten Kinder sind von derartigen Auswirkungen betroffen. In der Öffentlichkeit wird häufig der Eindruck suggeriert die diesbezügliche Quote läge höher.
Wissenschaftliche Längsschnittstudien aus den USA und Deutschland zeigen, dass sich der Großteil der Hochbegabten zu gesunden und glücklichen Erwachsenen entwickelt.
Ergänzend kennzeichnen die Personengruppe im Vergleich zu “ normal“ Begabten günstigere Temperamentsmerkmale. Aufgabenorientiertheit, extreme Anpassungsfähigkeit, ein besserer Gesundheitszustand, eine niedrige emotionale Erregbarkeit und eine höhere Lebenszufriedenheit sind Beispiele hierfür.
Hochbegabte Kinder optimal fördern – Förderung
Besonders wichtig ist es herausragend Talentierte so anzuerkennen und wertzuschätzen wie sie sind. Ein offenes Ohr für die Bedürfnisse und Anliegen der Kinder sind demnach essentiell. Erwachsene müssen stets darauf fokussiert sein den Kindern Verständnis entgegenzubringen. Lehrkräfte sollten sich ihrer potentiellen Funktion als Mentoren bewusst werden, die sie innehaben.
Die Kinder sind daher durch die Übertragung verantwortungsvoller Aufgaben in den Klassenverband zu integrieren. Eine schulische bzw. außerschulische Förderung befeuert das Potential der Kinder. Maßnahmen zur Beschleunigung der Schullaufbahn können sinnwolle Werkzeuge darstellen.
Die Eltern sollten vermeiden einen außerschulischen “ Förderwahn“ zu entwickeln. Stattdessen gilt es eine ausgewogene Balance aus Förderung und selbst zu gestaltender Freizeit für das Kind zu finden. Anregend kann der Kontakt mit anderen hochbegabten Kindern sein. So bietet die “ Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V.“ regelmäßig Förderkurse und Ferienakademien an.
Der Alltag sollte zudem von einem gelassenen Verständnis für die Hochbegabung geprägt sein. Der Lerneifer der Kinder darf nicht gebremst werden. Das Kind sollte sein eignes Lerntempo eigenständig bestimmen können. Die spezielle Begabung ist gezielt zu fördern. Anregungen zu anderen Themengebieten sollten durch die Eltern hergestellt werden. Ein stetiger Zugang zu Büchern, Computern und Fachmagazinen stillt die Wissbegier. Gemeinsame Besuche von Theatern, Museen, Konzerten, Ausstellungen und Konzerten sensibilisieren das Kind für neue Eindrücke.